Ursula von der Leyen ist das Gesicht des EU-Zentralstaates. Sie wird nicht demokratisch gewählt, sondern bestimmt. Mit ihr ist der moralische Niedergang einer supranationalen Institution verbunden. Fotonachweis: Harry Nakos / Alamy Stock Foto

Der europäische Traum ist ausgeträumt

Die Europäische Union - ein Projekt transatlantischer Machtpolitik zur Kontrolle Europas steht vor den Scherben seiner ambitionierten Ziele. Eine Retrospektive, die an gegenwärtiges anknüpft

Als junger Mensch lässt man sich gern von scheinbar edlen Idealen und Erfolgsgeschichten beeindrucken und beeinflussen. Geprägt durch familiäre und verstärkt durch schulische Narrative, glaubt man nur allzu gern, dass es noch nie so lange eine friedliche Zeit in Europa gab, wie nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Erzählung mündet darin, dass die Europäische Union (EU) das Friedensprojekt schlechthin sei. Verstärkt wird diese Geschichte durch den Gründungsmythos der zahlreichen Vorläuferorganisationen der heutigen Europäischen Union. Diese haben die häufigen blutigen Konflikte in Europa, die im Zweiten Weltkrieg gipfelten, perspektivisch beendet. Heldenhafte europäische Politiker wie de Gaspari, Schumann und auch später de Gaulles und Adenauer („Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“) legten mit ihrem Engagement für wirtschaftliche Prosperität die Grundlage für ein friedliches Miteinander der Staaten in Europa: mit dem Aufbau einer Gemeinschaft, die wir heute als Europäische Union kennen. Was mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch Montanunion genannt, begann, sollte mit der EU beendet werden – dem europäischen Einheitsstaat. Eine Multikulti-Melange, ein Vielvölkergemisch, von der der Paneuropa-Gründer Richard Coudenhove-Kalergi und seine Anhänger, ausgehend von dem Vorbild der untergegangenen K- und K-Monarchie, einst träumten.

Die EU krankt an einer Pseudo-Demokratie, die der Bürger nicht versteht

Mit der ersten Wahl Ursula von der Leyens (CDU) zur EU-Kommissionspräsidentin wurde jedoch bereits öffentlich deutlich, dass der Niedergang des europäischen Demokratisierungsprojekts Fahrt aufgenommen hatte. Statt des landesweit auf Plakaten und in Wahlkampfsendungen beworbenen Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) wurde von der Leyen per Hinterzimmerhandel ins Amt gehievt. Kritiker, die stets behaupteten, nichts sei undemokratischer als die EU, bekamen recht. Die europäischen Seilschaften, durch Interessen zusammengeschweißt, beschädigten das Projekt mehr, als ihnen gewahr war und ist. Mit der selbstherrlichen Entscheidung von der Leyen statt Weber in das Amt des EU-Kommissionspräsidenten zu heben, war der Lackmustest des Systems gelungen. Es gab kurz öffentliches Gebrummel, die übliche Empörung und Kritik, dann ging’s man über zum Tagesgeschäft. Denn auch die Massenmedien spielten wieder einmal mit. So konnte man unverblümt zum zweiten Streich ausholen.

Die zweite Wiederwahl zur Kommissionspräsidentin von Ursula von der „ähm“ Leyen, wie der EU-Parlamentarier Martin Sonneborn (Die Partei) ihren Namen gern ausspricht, sollte den Menschen mehr als nur ein Runzeln auf die Stirn getrieben haben. Zum Zeitpunkt ihrer Nominierung und Wahl war der Verdacht nicht ausgeräumt, dass die ehemalige Kommissionspräsidentin bei der Beschaffung von Impfstoffen Absprachen getroffen hat, die unter den Begriff der Korruption fallen könnten. Genaues weiß man jedoch bislang nicht, denn die Kommissionspräsidentin und ihre Lakaien mauern. Glücklicherweise für von der Leyen wurde im Nachgang ihrer Wiederwahl auch die „Pfizer-Klage“ vor einem Gericht in Lüttich, Belgien fallen gelassen. Zufälle gibt’s. So viel zur viel beschworenen Transparenz in der EU. Die ist laut Eigendarstellung „einer der wichtigsten Grundsätze der EU und verpflichtet sie, Informationen über politische Entscheidungen und Ausgaben offenzulegen und das Prinzip der Informationsfreiheit zu wahren. Der Grundsatz der Transparenz ist in den EU-Verträgen verankert.“ Damit der Schein so lange wie möglich gewahrt bleibt, händigte die Kommission dem EU-Parlament nur einen überwiegend geschwärzten Vertrag aus. Das bestätigt nicht nur die Respektlosigkeit gegenüber einem immerhin demokratisch gewählten Parlament, es zeigt die Kaltschnäuzigkeit gegenüber den Bürgern Europas, die das Ganze finanzieren. Das europäische Projekt scheitert derzeit in Echtzeit an Überheblichkeit, Unehrlichkeit, Bürgerferne, unsinnigen Regulierungen, Pseudo-Demokratie und sozialistischer Ideologie, u. a. sichtbar in der Agenda 2030, die von Eurokraten den einst stolzen Völkern der Alten Welt aufgezwungen wird.

Einblicke in die Denkweise deutscher Journalisten in Brüssel

Wie konnte ein so wichtiges europäisches Friedensprojekt so degenerieren und entarten? Die Absicht, Frieden in Europa durch wirtschaftliche Prosperität zu sichern, ist bislang mehr oder weniger aufgegangen. Sieht man einmal von dem unschönen und völkerrechtlich illegalen Angriff der NATO auf Serbien ab, der auch von EU-Mitgliedsstaaten unterstützt wurde (u. a. Deutschland mit Tornado-Kampfflugzeugen). Doch es ist unübersehbar, dass die EU sich mit ihrer Politik, getrieben durch die Agenda 2030, zunehmend gegen die Menschen wendet. Eine der Hauptverantwortlichen neben den politisch Handelnden sind die, die darüber berichten.

Ich war bis 2005 hauptberuflich als Journalist tätig und sah es damals, wie auch heute als Blog-Autor, als meine Aufgabe an, den „Herrschenden“ kritisch auf die Finger zu schauen, sie mit ihren Aussagen und dem oftmals dazu in Widerspruch stehenden Handeln zu konfrontieren. Durch verschiedene Ereignisse und Umstände wurde mir Mitte der 2000er Jahre klar, dass Journalismus kaum in der Lage ist, wie es die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ihrem Selbstverständnis schreibt „Vorgänge, Ereignisse, Sachverhalte und Zusammenhänge öffentlich“ zu machen, „damit die in der Gesellschaft lebenden Menschen erkennen können, welche Einflüsse und Kräfte in der Gesellschaft wirken.“ Der ehemalige ZDF-Studioleiter in Brüssel Reinhard Grindel und spätere Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) sagte mir in einem Interview Folgendes: „Die größten und tollsten Geschichten, die kriegen sie frei Haus geliefert, da müssen sie auch gar nicht mehr viel machen, außer sie gegenzuchecken. Pfeifer (Barschel-Affäre, Anmerk. des Autors) hat sich dem Nachrichtenmagazin ‚Der Spiegel‘ offenbart. Das war ja keine große investigative Leistung. Wenn sie mal an so etwas denken wie Neue Heimat oder die ganzen richtig großen Skandale, die sind alle so entstanden, dass irgendjemand zu ihnen gekommen ist und sagt, ich habe etwas für dich.“ Und was ist, wenn es diese Informanten nicht gibt? Was bleibt unentdeckt und wird somit nicht berichtet? Erhellend waren Interviews, die ich im Jahr 2000 mit namhaften Print- und Radio-Journalisten, Korrespondenten und Redaktionsleitern deutscher Massenmedien, der öffentlich-rechtlichen TV-Sender in Brüssel, der „Hauptstadt“ der Europäischen Union (EU) geführt habe. Das Spektrum der Antworten der Interviewten reichten von kritisch, distanziert und professionell hin zu mangelhafter Distanz zur EU über frustrierte und innere Kündigung.

Osterweiterung: „Die Südeuropäer in der EU sagen, Ihr Deutschen zahlt dafür.“

Die Aussage eines auch heute noch tätigen deutschen Magazin-Journalisten, der anonym bleiben will, blieb mir in Erinnerung haften. „Für die Magazininhalte ist es ausschlaggebend, was die Chefredaktion möchte. Bei Magazinen kommt es darauf an, was der Boss will, was wollen die Big Bosse. Daran habe ich mich gewöhnt.“ Und ein anderer, tätig für eine meinungsführende deutsche Zeitung, gab unumwunden und „off the records" zu, dass die deutsche Bevölkerung überhaupt nicht wisse, was mit der damals anstehenden Osterweiterung auf sie zukommt. „Die Eliten aus der Wirtschaft denken an neue Märkte, mehr Profite durch die Osterweiterung, billige Arbeitskräfte. Die Südeuropäer in der EU sagen, ihr (die Deutschen, Anmerkung d. Autors) zahlt“ dafür. Das erklärt die mittlerweile berühmt, berüchtigte Aussage des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Junker treffend: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ Die Wahrnehmung und Berichterstattung über die EU wird überwiegend geprägt von Terminen, Konferenzen und sogenannten Hintergrundgesprächen, die es ebenfalls in der Bundeshauptstadt Berlin gibt. Nominell werden dort mitunter oftmals nicht zitierfähige Innen- oder Problemansichten den Korrespondenten mitgeteilt. Die damals noch verbreitete EU-kritische Haltung der Korrespondenten führte zu der skandalösen Forderung des Presseamtes der EU-Kommission, dass die Brüsseler und Straßburger Korrespondenten mehr EU-Optimismus verbreiten sollten als Pessimismus. Und wenn es mal eine journalistische große Story gibt, dann verhält es sich wie beim Sturz des US-Präsidenten Nixon aufgrund der „Watergate-Affäre“ – es gibt einen maßgeblichen Informanten, der die Details den Journalisten steckt.

Der ehemals für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeitende Journalist Patrik Baab hat die Funktionsweise der Medien messerscharf in seinem Buch „Propagandapresse. Wie uns Medien und Lohnschreiber in Kriege treiben“ seziert. Er schreibt gleich zu Beginn: „Journalisten stilisieren sich gerne als Vierte Gewalt. (…). Ein genauerer Blick entlarvt das als plumpe Schutzbehauptung. Journalisten verrichteten Lohnarbeit und seien damit eingebettet in die herrschenden Macht- und Besitzverhältnisse. „Die Presse ist Teil der Gesellschaft und damit jener Funktionseliten, die angeblich kritisiert werden, denen sie sich aber dienend unterwirft. Und Baab wird noch deutlicher: „Damit einher geht die Entscheidung für das Mitmachen. Dieser Journalismus gründet auf der Bereitschaft, zur Aufrechterhaltung des Systems beizutragen.“

Immerhin gibt es Hinweise auf Besserung. Die alternativen Medien laufen in puncto Glaubwürdigkeit und investigativen Journalismus den etablierten Massenmedien, die über die Jahre fett und träge geworden sind, den Rang ab. Einem Ritterschlag gleich, kommt die Entscheidung der Trump-Regierung in den USA ab sofort alternativen Medien und YouTubern die Akkreditierung für den Pressesaal des Weißen Hauses zu ermöglichen. Ich selbst hatte als freier Journalist bei namhaften Print- und TV-Medien Gelegenheit aus nächster Nähe die Abgehobenheit, das ideologische Sendungsbewusstsein in Redaktionsstuben und die Kungelei von Journalisten mit der Politik zu beobachten. Obendrein gab es nicht nur redaktionelle Leitlinien, wie mit „radikalen“ Parteien verbal umgegangen werden sollte, da gab es die Selbstbeschneidung von journalistischen Kollegen, die aufgrund der Notwendigkeit ihre Miete zu bezahlen, der Redaktionsleitung Themen anboten, von denen sie annahmen, dass diese erwünscht seien. Die Redaktionen sind nicht selten besetzt mit politischen Überzeugungstätern. Unlängst enthüllte der ehemalige Redakteur Alexander Teske Details dazu ein aufsehenerregendes Buch mit dem Titel: „Inside Tagesschau“. Das Nachrichtenmagazin „Focus“ betitelte seine Geschichte dazu mit der Überschrift: „Links, elitär, tendenziös“. Das trifft es auf den Punkt. Teske bestätigt darin, was wissenschaftliche Untersuchungen, z.B. der Universität Mainz zu den politischen Einstellungen seit Jahren immer wieder referieren: Journalisten verorten sich links der Mitte im Gegensatz zur Mehrheit der Bevölkerung.Nachrichten, die nicht in ihr Weltbild passen, werden von den Chefs vom Dienst klein geredet und schaffen es nicht in die Sendung. Zum Beispiel der Anstieg der Kindergeldzahlun­gen aus Deutschland an im Ausland lebende Kinder – um 300 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Der Focus führt noch weitere Perlen der „Tagesschlau“ auf, die nicht nur ein elitäres Weltbild der Redakteure zeichnen (Wohnen im Eigenheim, keine Berührung mit Zuwanderung, zweit exklusivste Elite in der Medienstudie von 2012, pflegen aktivistische Einstellung)

Im Jahr 2000 war die Europäische Union inmitten ihres Erweiterungsprozesses. Es gab eine Aufbruchstimmung. Heute, 25 Jahre später, herrscht in der Bevölkerung Ernüchterung, wohingegen in Brüssel und den europäischen Hauptstädten sich Katerstimmung breit macht. Das europäische Projekt steht auf der Kippe – so arg, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) sich eine Lungenentzündung zuzog. Spätestens mit der Corona-P(l)andemie hat sich die EU von demokratischen Prinzipien abgewandt und trägt diese nur noch als Feigenblatt – bedenkt man, dass die EU-Kommission von niemandem gewählt wird und es sich um ermächtigende Bürokraten handelt. Sie haben die Demokratie zur "Demokratur" verbogen. Die autoritären und totalitären Züge sind für jedermann – auch die politisch Uninteressierten – sichtbar geworden. Das nunmehr verzweifelte Zurückkehren der Politik zur Normalität, auf dass man ihre Missetaten vergessen möge, beweist einmal mehr, dass es in der EU und ebenfalls in der Demokratie deutschen Typus keine Verantwortung gibt.

 

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