Das Deutsche Eck mit dem Reiterdenkmal Kaiser Wilhelm I. steht wie kaum ein Denkmal für Deutschland - für seine Vergangenheit. Vielleicht sogar für seine Zukunft? Fotonachweis: Jürgen Feuerer / Alamy Stock Foto

Schafft die Bundesrepublik sich selbst ab?

Vor 14 Jahren schrieb der heutige Ex-SPD-Politiker Thilo Sarazzin das Buch "Deutschland schafft sich ab". Wer hätte gedacht, dass seine Prognosen so zutreffend sein würden?

Der Ex-SPD-Politiker und Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin veröffentlichte im Jahr 2010 ein Buch mit dem Titel „Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen“. Das Buch und die darin formulierten Aussagen schlugen hohe Wellen im Land der Deutschen, der Aufschrei und die Empörung im politisch-medialen Establishment zeigten, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. 14 Jahre später ist zu konstatieren: Sarrazin hatte recht! Zeit also, nach dem Tag der Deutschen Einheit die vergangene Dekade Revue passieren zu lassen.

 


Doch bevor darum geht, die im Buch getätigten Vorhersagen mit der aktuellen Situation abzugleichen, ist es notwendig, ein paar Sätze über den kürzlich begangenen Tag der Deutschen Einheit zu verlieren. Bekannterweise wurde mit der Wiedervereinigung nur ein Teil Deutschlands zusammengeführt. Ostpreußen und Schlesien, gehörten nicht dazu. Es wurden im weitesten Sinne zwei Wirtschaftsgebiete vereinigt. Dieses historische Ereignis nutzte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 3. Oktober 2024 nicht etwa dazu, die Einheit der Deutschen zu betonen. Ganz im Gegenteil. Angesichts der jüngst stattgefundenen drei Landtagswahlen, die für die SPD mit verheerenden Wahlergebnissen endete, nutzte der Bundeskanzler seine Rede, um die Wähler zu maßregeln und insbesondere die Wähler der Alternative für Deutschland (AfD) zu diffamieren. Ein schwarzer Tag für die Demokratie in Deutschland. Scholz erinnerte in seiner Rede daran, dass die Wiedervereinigung für Millionen Ostdeutsche den radikalen Umbruch „aller, aber auch wirklich aller Lebensverhältnisse“ und den „Zusammenbruch ihres gesamten bisherigen Lebens“ bedeutete. Darin liege wohl auch eine der Ursachen dafür, dass sich bei Landtagswahlen ein Drittel der Wähler“ für Populisten, die unsere freiheitliche Demokratie bekämpfen" entschieden.

„Das schadet unserem gesamten Land, unserer Wirtschaft und unserem Ansehen in der Welt“, so der SPD-Politiker. Er fügte hinzu: „Die ganz große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger steht heute ganz fest auf dem Boden unserer freiheitlichen Ordnung. Das sind die Vernünftigen und Anständigen.“

Scholz polemisiert also gegen alle diejenigen, die seiner Ansicht nach die „falsche Partei“ gewählt haben. Ein merkwürdiges Demokratieverständnis offenbart sich.

 

Dabei gibt es dringende Probleme zu lösen: Die Migration ist außer Kontrolle geraten und in Verbindung mit der halsbrecherischen Politik der Ampel geeignet, dass sich die Bundesrepublik in Deutschland selbst abschafft. Hinzu kommt die Deindustralisierungspolitik, gepaart mit einer ideologiegesteuerten Energiepolitik und dazu passend einer gleichmachenden Sozialpolitik, der Ampel-Regierung legt die Grundlage für ein ökonomisch schrumpfendes Land, in dem der Wohlstand bald die Ausnahme und nicht die Regel sein wird. Die Bundesrepublik Deutschland ist auf dem besten Weg, zeitnah keine bedeutende, vor allem keine global relevante Rolle mehr zu spielen – vorausgesetzt, man ist überzeugt, dass sie das jemals tat. Auch der Angriff eines Verbündeten auf die für das volkswirtschaftliche Geschäftsmodell der Bundesrepublik Deutschland (BRD) essenzielle Gaspipeline Nord Stream 1 und 2 wird noch lange die wirtschaftliche Perspektive des Landes bestimmen.

Jeder mit Verstand bemerkt, dass es unübersehbar und somit unbestreitbar ist, dass das Land der Deutschen leider nicht mehr das Land der Dichter und Denker ist. Es hat sich, überspitzt gesagt, unmerklich in ein „Land der Dummen und Dilettanten“ verwandelt. „Dumm“ geworden sind die Menschen nicht aus Zufall. Mit der Absenkung und Politisierung des Bildungsstandards in Schulen, den Universitäten, in Einrichtungen der beruflichen Bildung ab Mitte der 1980er Jahre wurde unmerklich die Voraussetzungen dafür gelegt, dass die Fähigkeiten zum Verständnis und zur Erkenntnis, zur Forschung und Innovation an den Wurzeln gekappt wurden. Gleichzeitig fror man ab Beginn der 1990er Jahre die Löhne flächendeckend ein, ging es doch darum, das Lohnniveau an andere EU-Mitgliedstaaten anzupassen, womit „praktischerweise“ gleich die Kaufkraft der Deutschen Mark geschwächt wurde. Mit der Euro-Einführung im Jahr 2001 wurde den Deutschen die Hälfte ihrer Kaufkraft und ihres Vermögens genommen.

 

Grüne Ideologie und Wirtschaft vertragen sich nicht

 

Als wäre all das bisher nicht genug der Zerstörungswut, hat ausgehend von der Ideologie des „menschengemachten Klimawandels“ die deutsche Wirtschaft innerhalb von drei Jahren massiv Schaden genommen. Vorangetrieben durch die radikale Agenda 2030, entwickelt und verabschiedet 2015 von Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, unterstützt durch das Weltwirtschaftsforum. Diese sieht 17 Ziele für „nachhaltige Entwicklung“ vor, die wirtschaftliche, soziale und umweltbezogene Themen abdecken. Wichtiger und wesentlicher Hebel zur Veränderung der Welt ist die globale Reduktion der CO₂-Emission: „Net Zero“ ist das international verwendete Schlagwort, mit dem man den CO₂-Ausstoß auf null (!) reduzieren will. Nicht nur in Deutschland dürfte das kaum zu schaffen sein. Es gibt heute keine funktionierende alternative Energieversorgung basierend auf regenerativer Energie (Wind, Sonne, Wasser). Stromspeichersysteme in dem benötigten Leistungs- bzw. Speichervolumen, die die Schwankungen der alternativen „grünen“ Stromproduktion puffern könnten, gibt es nicht. Eine aufschlussreiche Analyse stellt der MDR dazu zur Verfügung. Die Energieproduktion soll daher mittels Wasserstoff gelingen. Dies lässt sich aber nicht in der von der Politik gewünschten Windeseile realisieren.  Also plant die Bundesregierung kurzfristig Steuermilliarden in die Hand zu nehmen, um ausgerechnet flächendeckend Gaskraftwerke im Land bauen zu lassen, die, oh Wunder, CO₂ emittieren. 16 Milliarden Euro sollen in den nächsten 20 Jahren für wasserstofffähige Gaskraftwerke ausgegeben werden. Ob dieser Plan sich umsetzen lässt, bleibt abzuwarten. Die zunehmend politisch kopflos agierende Ampel-Bundesregierung wurde unlängst vom Bundesverfassungsgericht zur Haushaltsdisziplin verdonnert. In die schöne neue geplante Energiewende-Welt platzte dann unpassenderweise der russische Einmarsch in die Ukraine hinein. Wider jeder Vernunft und Realität und unter dem Eindruck des zunehmenden Drucks der USA war die Bundesrepublik Deutschland gezwungen, auf das günstige russische Erdgas und Erdöl zu verzichten. Gleichwohl – und damit betrügt man nicht nur sich selbst, sondern auch die Öffentlichkeit, findet russisches Öl zu nunmehr exorbitanten Preisen seinen Weg mittels Umwege und Umetikettierung trotzdem nach Europa.

 

Die Sprengung von drei der vier Nord-Stream-Pipelines führte überdies zu einer starken Verknappung günstiger Energie und zu einer Preisexplosion an den Energiemärkten. Leidtragenden sind die deutschen Verbraucher und die deutsche Industrie. Als wäre all dies nicht schon Ungemach genug, sorgte die Bundesregierung in ihrer ideologischen Verblendung auch noch für die planmäßige Abschaltung der letzten drei am Netz befindlichen Atomkraftwerke ab – in der größten Energiekrise seit Bestehen der Bundesregierung. Chapeau!

Dabei hatte der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck noch davor gewarnt, sich abrupt vom russischen Erdgas und Erdöl loszusagen. In einem Artikel der Wochenzeitung „Zeit“ am 10. März 2022 wird er zitiert: „Wir können nur Maßnahmen beschließen, von denen ich weiß, dass sie nicht zu schweren wirtschaftlichen Schäden in Deutschland führen, und das wäre der Fall, wenn wir jetzt Öl, Kohle und Gas nicht mehr in dieses Land lassen würden.“

 

Gleichgeschaltete Medien wie einst in der sozialistischen DDR

 

Das wirtschaftliche Chaos und der wirtschaftliche Schaden, welches die Ampel-Regierung unter dem „größten Wirtschaftsminister aller Zeiten“ Robert Habeck angerichtet hat (u. a. Energiewende, Atomausstieg, Heizungsgesetz), kann mittlerweile als irreparabel bezeichnet werden. Der zunehmende Einfluss der Regierung, u. a. durch diverse Steuergeld finanzierte Förderprogramme auf die Massenmedien, insbesondere via Rundfunkräten auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sind nur bedingt geeignet, eine Informationsausgewogenheit herbeizuführen. Doch gerade dies fordert der Medienstaatsvertrag in § 6 (Sorgfaltspflichten) zwingend – öffentlich-rechtliche Medien müssen zur pluralen Meinungsbildung beitragen. Dies bedeutet, dass die Sender verpflichtet sind, eine Vielfalt an Meinungen abzubilden und eine einseitige Berichterstattung zu vermeiden. Die Programmgestaltung soll so erfolgen, dass sie die pluralistische Gesellschaft Deutschlands widerspiegelt und allen relevanten politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen angemessenen Raum zur Darstellung ihrer Positionen im Gesamtprogramm gibt. Die Ergänzung des bis 1984 „streng“ öffentlich-rechtlich kontrollierten Fernsehens durch private Fernsehsender führte zu einer sozialen Degeneration der Zuschauerschaft, mit „Unterhaltungsformaten“, die die niedersten Instinkte der Menschen ansprechen. Zahlreiche Unterhaltungsformen sind seitdem hinzugekommen: auf Video-, Gaming- und Streaming-Plattformen im Internet. Sollte das nicht zur Ablenkung ausreichen, dann kann man auf Spielekonsolen ballern, die wie selbstverständlich in jedem Kinderzimmer neben einem TV-Gerät stehen, oder sinnlose, zeitfressende Zivilisationen virtuell errichten – anstatt selbst kreativ zu werden. Dies führt nicht nur zu einer unmerklich verblödeten Jugend, die frühzeitig an Aufmerksamkeitsschwäche leidet, da sie auf Instagram und TikTok nur noch Reels durchswipt, anstatt sinnvollen Tätigkeiten nachzugehen. Durch all das werden die Menschen abgelenkt. Abgelenkt, wovon, fragt man sich. Eine Antwort darauf gab der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

 

Medien, Steuergeld und Wahrnehmungsstörungen

 

Da ergibt es sich doch gut, dass die Bundesregierung im Jahr 2021 erhebliche Mittel für die Medienförderung und Anzeigenschaltungen bereitgestellt hat. Im Jahr 2021 wurde eine Presseförderung von bis zu 220 Millionen Euro beschlossen, um Zeitungen, Zeitschriften und Anzeigenblätter zu unterstützen, insbesondere bei der Digitalisierung. Diese Mittel fließen in Projekte wie die Entwicklung von digitalen Abomodellen, Marketing in sozialen Netzwerken und die Schulung von Mitarbeitenden in digitalen Techniken. Zusätzlich fließen Gelder in Form von Anzeigenschaltungen in den Mediensektor, genaue Beträge sind jedoch nicht direkt spezifiziert. Im Jahr 2023, nur zwei Jahre später, wurden die Gesamtausgaben auf 476 Millionen Euro veranschlagt, wobei rund 72 Millionen Euro auf Anzeigenschaltungen, entfielen. Sollte doch jemand auf den Gedanken kommen, sich in den Massenmedien und Nachrichtensendungen des TV (Nachrichten bedeutet sich „nach etwas richten“) selbst zu informieren, dann gibt es technisch aufwendig inszenierte Sendungen, die Kompetenz und Professionalität vermitteln sollen. Dabei ist die stromlinienförmige, einheitliche Berichterstattung, egal ob in Print, Radio oder TV, geradezu auffällig. Der Sachverhalt, den die Medienkonsumenten wissen sollen, wird mittlerweile sogar vereinfacht erklärt – Stichwort Tagesschau in einfacher Sprache – sodass Medienkonsumenten sich keine Sorgen machen müssen oder eben doch, wenn Nachrichten einmal wieder Panik und Angst verbreitet wird. Gibt es heikle und wichtige Themen, werden gerne sogenannte Experten befragt, die die Welt erklären. Somit wird den Menschen schleichend und langsam das Denken genommen. Dabei ist Denken eine wesentliche menschliche Eigenschaft. Es bedeutet, Informationen zu verarbeiten, zu analysieren, zu speichern und vor allem zu reflektieren. Im Kern ist Denken die Fähigkeit des Gehirns, Daten und Erfahrungen zu nutzen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen, Probleme zu lösen oder Entscheidungen zu treffen.

Immer mehr Menschen wenden sich mit Grausen ab und sind nicht bereit, auch noch Geld für den Einheitsmedienbrei zu bezahlen. Dabei ist Journalismus, der dort angeblich betrieben wird, ja ursprünglich das „zu drucken, was andere nicht gedruckt haben wollen. Alles andere ist Propaganda“, wie der Schriftsteller George Orwell einst feststellte. Bedenklich ist nicht nur die uniforme, an Hof-Berichterstattung erinnernde Arbeit der Massenmedien in puncto Regierung. Unter das Adjektiv fällt auch eine Bundesinnenministerin, die, flankiert von dem ihr unterstellten Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz, wiederholt dadurch auffällt, dass sie Meinungsäußerungen verbieten möchte, die sie hasst. Jüngst schreckte sie auch nicht davor zurück, das Medium Compact mit fragwürdigen juristischen Kniffen zu verbieten. Ein Unterfangen, das umgehend auf sie zurückfiel – in Form einer richterlichen Entscheidung, dass das Medium vorläufig weiter erscheinen darf.

 

Höherer Medienkonsum, Bildungsniveau und eigene Realitäten

 

Trotz aller journalistischer Stromlinienförmigkeit in den nachrichtlichen Massenmedien nimmt der Medienkonsum insgesamt zu. In Deutschland betrug der durchschnittliche tägliche Medienkonsum im Jahr 2023 etwa 11 Stunden und 9 Minuten pro Tag, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr darstellt, jedoch immer noch deutlich über den Werten vor der Pandemie liegt. Im Jahr 2023 nutzten Personen ab 14 Jahren audiovisuelle Medien durchschnittlich etwa 9 Stunden und 46 Minuten pro Tag. Dies ist ein leichter Rückgang von 8 Minuten gegenüber 2022, aber immer noch fast eine Stunde mehr als vor der Pandemie im Jahr 2019. Der Anteil von audiovisuellen Medien am gesamten Medienkonsum betrug etwa 87,6 %.

Die Nutzung sozialer Medien bleibt ebenfalls ein signifikanter Bestandteil des täglichen Medienkonsums. Beispielsweise nutzten Anfang 2023 etwa 27,45 Millionen Menschen in Deutschland Instagram, was etwa 32,9 % der Gesamtbevölkerung entspricht. TikTok erreichte zu Beginn des Jahres 2023 etwa 20,65 Millionen Nutzer, was 26,6 % der lokalen Internetnutzerbasis entspricht​.

Die Wahrnehmung von Realität kann durch verschiedene Medien wie Computerspiele und Nachrichtenberichterstattung beeinflusst werden, nicht nur durch soziale Medien. Dies ist besonders relevant, da Nachrichtenmedien oft dazu neigen, bestimmte Narrative zu verstärken oder bestimmte Aspekte einer Geschichte hervorzuheben, was die Wahrnehmung der Realität der Zuschauer beeinflussen kann​. Wen wundert es also, wenn angesichts des Medienkonsums Menschen naiv glauben, dass das, was im Fernsehen gezeigt werden, die Realität ist?  Durch den zunehmenden Medienkonsum schwindet die Wahrnehmung und Unterscheidung von Realität und Fiktion.

Parallel zu dieser Entwicklung geht das Bildungsniveau kontinuierlich zurück. Nach Erkenntnissen der OECD hat die Anzahl der Hochschulabschlüsse von 22 % auf 36 % zwar zugenommen, liegt aber deutlich hinter denen der anderen OECD-Länder, die eine Steigerung von 27 % auf 48 % verzeichnen. Mehr als die Hälfte (56 %) der Bevölkerung ab 25 Jahren in Deutschland hatte 2018 einen höherwertigen Schulabschluss, darunter 23 % einen mittleren Abschluss und ein knappes Drittel (32 %) eine Fachhochschul- oder Hochschulreife. Doch im Vergleich zu anderen europäischen Staaten ist der Bildungsstand defizitär. Gemäß einer Untersuchung der Europäischen Kommission hat Irland eine der höchsten Quoten an tertiärer (akademischer) Bildung unter den EU-27-Ländern, mit 62 % der 25- bis 34-Jährigen, die eine tertiäre Bildung abgeschlossen haben, im Vergleich zum EU-27-Durchschnitt von 42 %.

 

Corona-Pandemie als Feldstudie kognitiver Dissonanz

 

Doch Bildung allein ist nicht der entscheidende Faktor, wenn es darum geht, neue Informationen zu verstehen und zu akzeptieren. Menschen tun sich in der Regel sehr schwer, neue Informationen zu akzeptieren, wenn diese nicht ihrem Weltbild oder ihrer Sicht auf die Dinge entspricht.

Dies führt zu einem inneren Widerstand, den die Psychologie mit dem Begriff der kognitiven Dissonanz bezeichnet. Diese Theorie, die von Leon Festinger entwickelt wurde, besagt, dass das Erleben von Inkonsistenz zwischen eigenen Überzeugungen und neuen Informationen zu psychologischem Unbehagen führt. Um dieses Unbehagen zu reduzieren, neigen Menschen dazu, Informationen, die ihrem Weltbild widersprechen, zu ignorieren, abzulehnen oder umzudeuten. Beobachtet werden kann das z. B. beim Thema Impfung: Impfungen sind sicher und schützen vs. Impfungen sind unsicher und können erhebliche Krankheiten hervorrufen. Ein weiterer Ansatz zu verstehen, warum Menschen sich gegen Neues, Unbekanntes oder nicht mit ihrem Denken übereinstimmende Informationen wehren, liefert das Phänomen, welches als „Betätigungsfehler“ bezeichnet wird. Widersprechende Informationen, z. B. dass Impfungen unerwünschte und schädliche Wirkungen haben können, finden daher weniger Beachtung oder werden kritischer betrachtet als solche, die das eigene Weltbild stützen. Menschen fühlen ihre Identität bedroht, wenn ihre eigenen fundamentalen Überzeugungen herausgefordert werden. Sie verteidigen somit ihre Weltanschauungen nicht nur aus logischen Gründen, sondern auch, um ihre Selbstwahrnehmung und soziale Identität zu schützen, z. B. Anhänger der Partei der Grünen sind davon überzeugt, dass diese sich für Umweltschutz und Frieden einsetzen. Gegner der Grünen hingegen weisen darauf hin, dass Windkraft- und Fotovoltaik-Anlagen Natur und Menschen erheblich schaden. Weiterhin stellen die Grünen den Frieden mit Waffen sicher, was in der Ukraine zu einem Fortgang des Sterbens von Soldaten auf beiden Seiten der Konfliktparteien führt.

Die soziale Konsistenz ihres Handelns ist für viele Menschen wichtig, da sie keine Außenseiter (der sogenannte „Herdentrieb“) sein wollen. Daher kann der soziale Druck, sich konform zu verhalten, ebenfalls eine Rolle spielen, wenn es darum geht, neue und möglicherweise kontroverse Informationen zu akzeptieren. Beobachtbar war dies bei der Verordnung der sogenannten Corona-Schutzmaßnahmen, die viele nur deshalb mitgetragen haben, weil sie keine gesellschaftlichen und beruflichen Nachteile in Kauf nehmen wollten.

 

Drei Vorhersagen Sarrazins sind bereits eingetroffen

 

Betrachtet und versteht man das Phänomen der kognitiven Dissonanz, dann ist es auch wenig erstaunlich, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ eine Welle der Empörung hervorrief. Besonders diejenigen Individuen, Interessengruppen, Politiker und Parteien, die für die von Sarrazin kritisierten Themen öffentlich stehen, wandten sich mitunter mit scharfer und polemischer Kritik gegen den Buchautor.

Für diejenigen, die damals sich mit seinen Thesen auseinandersetzen, ist es wenig erstaunlich, dass drei Vorhersagen Sarrazins mittlerweile eingetroffen sind: Erstens, dass der demografische Wandel in Form der Überalterung der deutschen Gesellschaft verheerende Auswirkung auf Wohlstand und Wirtschaftskraft haben wird. Zweitens, dass die Einwanderung Deutschland nachhaltig verändern wird, und diejenigen, die einwandern, nicht zur deutschen Kultur passen und somit deren Integration scheitern wird. Drittens, dass das Bildungssystem starr und unflexibel und mit den Anforderungen einer modernen (Industrie-)Gesellschaft überfordert ist. Auch seine These, dass der Sozialstaat in seiner jetzigen Form ineffektiv sei und zur Verfestigung sozialer Probleme beiträgt, anstatt Menschen zu fördern und zu motivieren.

 

Betrachten wir als erstens seine These vom demografischen Wandel. Diese wurde bereits vor Sarazzins Buch von vielen Autoren und Forschern erkannt. Bereits in den 1980er-Jahren versuchten Kurt Biedenkopf (CDU) und der Sozialwissenschaftler und Demografie-Experte Meinhard Miegel vergeblich auf die Auswirkungen der Überalterung aufgrund zurückgehender Geburten hinzuweisen. Explizit erwähnt wurde schon damals die verheerende Auswirkung des sogenannten „Pillenknicks“  - die Legalisierung der Verhütungspille und die Liberalisierung des Abtreibungsrechts. Mit dem Buch „Die Pyramide steht Kopf“ verfasste Roland Tichy, im Jahr 2001, heute Herausgeber von „Tichys Einblick“, eine populärwissenschaftliche Aufbereitung des Themas. Erst unter der „Eisernen Kanzlerin“ Angel Merkel geriet das Thema 2013 auf die Prioritätenliste der damaligen Bundesregierung. 2015 wurden dann die Schleusen, Pardon, die Grenzen geöffnet, um bis heute ungebremste Zuwanderung (im Gegensatz zu klassischen Einwanderungsländern, wie einst die USA) zu ermöglichen. Zufälle gibt's’s.

Sarrazin argumentierte, dass Deutschland einem ernsthaften demografischen Problem gegenübersteht, gekennzeichnet durch eine niedrige Geburtenrate bei einheimischen Deutschen und eine hohe Geburtenrate bei Einwanderern, insbesondere aus islamischen Ländern. Auch dieses Argument ist aufgrund der Geburtenstatistik mittlerweile bestätigt. Der Blog Zukunftsentwicklungen fasst die Zahlen zusammen und stellt folgende Geburtenziffer fest: „Bei Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit lag sie bei 1,26 und bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit bei 1,74. Hinzukommt, dass „der Bevölkerungszuwachs ausschließlich auf der Migration“ beruht: „Im Jahr 2023 sind laut Statistischem Bundesamt 662.964 Personen mehr nach Deutschland zugezogen als aus Deutschland fortzogen.“

Sarrazin behauptet, dass diese Entwicklung langfristig die deutsche Kultur und Gesellschaft untergraben könnte, da Einwanderer mit niedrigerer Bildung und Integrationstendenzen überrepräsentiert seien. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hatten gut 70 % der Flüchtlinge von 2016/17 keine abgeschlossene Berufsausbildung; viele hatten nur wenige Jahre lang eine Schule besucht. Auch sind 2023 laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 41,9 % der Teilnehmer an Deutschkursen bei der Sprachprüfung B1 durchgefallen, brachen im ersten Halbjahr 2023 rund 176.000 von mehr als 300.000 Teilnehmern ihren Integrationskurs vorzeitig ab. So werden Flüchtlinge zumeist nur als Hilfskräfte in der Gastronomie, Reinigung, Sicherheitsdienst und Handel geeignet sein. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatten fünf Jahre nach ihrer Flucht nach Deutschland erst 61 % der männlichen und 27 % der weiblichen Zuwanderer einen Arbeitsplatz, wobei Auszubildende, Minijobber und Praktikanten miterfasst wurden.

 

Diese demografischen Trends könnten seiner Meinung nach zu einem Rückgang des Bildungsniveaus, einer Zunahme der Sozialausgaben und letztlich zu einem wirtschaftlichen Niedergang führen. Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) konstatiert dazu: „Insgesamt nahm das Sozialbudget in den zehn Jahren von 1993 bis 2002 um 37,0 Prozent und von 2002 bis 2011 um 19,6 Prozent zu. Zwischen 2011 und 2020 erhöhte sich das Sozialbudget von 775 auf 1.123 Milliarden Euro – was einem überdurchschnittlichen Wachstum von 45,0 Prozent entsprach.“ Die Zunahme der Sozialausgaben – u. a. des Bürgergeldes – ist damit bestätigt. Auch der auffallend hohe Anteil an ausländischen Empfängern, nämlich fast die Hälfte, wie die Tageszeitung Die Welt berichtete, geht an diese Gruppe von Transferleistungsbeziehern.

 

Zweitens hat die von Sarazzin kritisierte Einwanderungspolitik, vornehmlich die Zuwanderung von Menschen, die er als kulturell und bildungsmäßig nicht zu Deutschland passend ansieht, zu einer Überlastung und Überforderung der Gesellschaft geführt. Diese ist mittlerweile eingetreten. Bürgermeister und Bürger wehren sich mittlerweile gegen die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften oder die weitere Zuweisung von Flüchtlingen durch die Landratsämter. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 7. Juli 2024, dass der Bürgermeister von Greiling gegen das Landratsamt von Bad Tölz erfolgreich gegen die ungefragte Zuweisung von Flüchtlingen klagte. ihren Gemeinden. Auch die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen klagt gegen selbiges Landratsamt und pochte auf gerichtliche Überprüfung des Verteilungsschlüssels des Landratsamtes. Das sind nur zwei Fälle aus dem Süden der Republik. Gibt man bei der Suchmaschine Google Folgendes in die Suchmaschine „Dorf wehrt sich gegen zu viele Flüchtlinge“, dann erhält man vielzählige Artikel, die das Thema der Überforderung ansprechen.

 

In seinem Werk argumentiert Sarrazin, dass die Einwanderungspolitik in Deutschland, insbesondere im Hinblick auf muslimische Einwanderer, fehlgeleitet sei. Er behauptet, dass viele Einwanderer aus muslimischen Ländern sich nicht erfolgreich in die deutsche Gesellschaft integrieren und in sozioökonomischen Belangen schlechter abschneiden als die einheimische Bevölkerung. Laut Sarrazin führt dies zu höheren Geburtenraten unter weniger gebildeten und weniger integrationswilligen Teilen der Einwandererbevölkerung, was langfristig negative Auswirkungen auf das Bildungsniveau und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands haben könnte.

 

Sarrazin kritisiert auch das deutsche Sozialsystem, das seiner Meinung nach Anreize für niedrige Produktivität und hohe Reproduktionsraten unter den am wenigsten erfolgreichen und integrierten Bevölkerungsgruppen bietet. Er argumentiert, dass dieses System die bestehenden Probleme verschärft, indem es fehlende Anreize zur Arbeit und Integration schafft und stattdessen Abhängigkeit von sozialen Leistungen fördert. Weiterhin äußert Sarrazin die Ansicht, dass kulturelle Unterschiede, insbesondere die von ihm wahrgenommenen Unterschiede in den Wertesystemen zwischen der deutschen Mehrheitsgesellschaft und vielen muslimischen Einwanderern, eine erfolgreiche Integration behindern. Er betont die Bedeutung von kultureller Assimilation, die er als notwendig für das Funktionieren einer modernen Gesellschaft sieht und kritisiert die Politik der Multikulturalität.

Er argumentiert, dass viele Einwanderer aus islamischen Ländern sich schlecht in die deutsche Gesellschaft integrieren, was zu parallelen Gesellschaften und zunehmenden sozialen Spannungen führe. Sarrazin sieht eine direkte Verbindung zwischen mangelnder Integration und sozioökonomischen Problemen und fordert eine strengere Einwanderungspolitik sowie Anreize für eine bessere Integration.

 

Und drittens, Bildungspolitik und Sozialstaat: Sarrazin behauptet, dass das deutsche Bildungssystem und der Sozialstaat in ihrer jetzigen Form ineffektiv seien und zur Verfestigung sozialer Probleme beitragen würden. Er kritisiert das Bildungssystem für sein Versagen, Chancengleichheit zu schaffen und insbesondere Migrantenkinder angemessen zu fördern. Ferner argumentiert er, dass der deutsche Sozialstaat Anreize für Erwerbslosigkeit und geringe Produktivität bietet, was besonders unter Migranten verbreitet sei. Sarrazin fordert Reformen, um Leistungsanreize zu stärken und die Abhängigkeit von sozialen Leistungen zu reduzieren. Die einst sozial-liberale Marktwirtschaft, mit der Ludwig Erhard noch das Wirtschaftswunder schaffte, gibt es nicht mehr. An dessen Stelle ist der aufgeblasene Sozialstaat getreten, der mittlerweile 48,2 % dessen ausgibt, was im Inland von den Menschen erwirtschaftet wird (Staatsquote). Trotzdem schafft er es nicht, die Bürger, vor allem diejenigen, die die Zürcher Zeitung als „Schlechtverdiener“, bezeichnet, zufriedenzustellen. Er hat seine Aufgabe verfehlt. Das, obwohl sich das Sozialbudget in den vergangenen 30 Jahren fast verdreifacht hat.

 

Das fast vierjährige „Jugend-forscht-Projekt“ Projekt der Ampel-Regierung endet bald. Die Sollbruchstellen sind offensichtlich geworden: Geldverschwendung, fachlich mangelhafte Energie- und Wirtschaftspolitik, Aushöhlung der Meinungs- und Pressefreiheit. Eines Tages werden wir auf diese Zeit mit einer anderen Perspektive zurückschauen. Dann, wenn die Deutschen verstehen, dass sie weniger Untertan sein sollten, sondern mehr Souverän sein. Wie heißt es schon so schön im Artikel 20 GG „Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus.“

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